Aktuell 17.07.2009 (Archiv)
Gefängnisse steigern Kriminalität
Gefängnisstrafen erhöhen die Kriminalität von Jugendlichen, anstatt sie einzudämmen. Gruppenprozesse machen Verbrechen zur ansteckenden Krankheit, erklärt eine neue Studie.Seiten: [1] [2]
Grund dafür seien die besagten Gruppendynamiken in Haftanstalten.
'Verurteilte Jugendliche kommen in einen Kreis von Gleichaltrigen, die
ebenso das Schicksal der Ausgeschlossenheit der Gesellschaft teilen. Sie
sind jedoch deshalb keine Menschen zweiter Klasse und haben auch Stolz
und Perspektiven.' Die Prestigeordnung im Gefängnis orientiere sich nach
der Schwere des Verbrechens, wodurch von der Gesellschaft
unbeabsichtigte Lerneffekte eintreten. 'Die Jugendlichen erhalten somit
Tipps für künftig noch klügere Verbrechen, alternative gesellschaftliche
Ordnungen gibt es nicht. Hat sich das über einen längeren Zeitraum
eingeprägt, sind Jugendliche völlig überfordert, wenn sie wieder in
Freiheit kommen', erklärt Hurrelmann.
Jugendrichter sind mit diesen Mechanismen vertraut und suchen oft mühsam
nach Alternativen der Bestrafung. Grundsätzlich gibt es laut Hurrelmann
zwei Wege dafür. 'Einerseits gibt es Anstalten, die sehr systematisch
und mit ausreichend gut geschultem Personal darauf achten, dass negative
Lernprozesse nicht eintreten und eine Umpolung erfolgt - durch Maßnahmen
der Resozialisierung wie etwa Lehrstellen.' Wenn dies verträglich sei,
könne man auch durch einen Opferausgleich die Haftstrafe mit ihren
unerwünschten Nebeneffekten vermeiden. 'Dabei arbeiten Jugendliche unter
Aufsicht an einer Arbeitsstelle so lange, bis der Ausgleich erreicht
ist. Es gibt hier jedoch nur wenig Alternativen, da uns die Phantasie
für solche Maßnahmen sehr schnell ausgeht', so der Jugendforscher.
Neben der Vermeidung von Gefängnisstrafen schlagen die kanadischen
Autoren Präventionsprogramme im Kindesalter vor. Hurrelmann
unterstreicht die Richtigkeit dieses Vorgehens. 'Je früher man einer
sich abzeichnenden kriminellen Laufbahn Einhalt bietet, desto besser.
Die Prävention ist jedoch Aufgabe der Schule, nicht der
Jugendgerichtsbarkeit.' Während im Grundschulalter erst Nuancen des
Fehlverhaltens sichtbar werden, sei dies im Alter von elf bis zwölf
Jahren durch die Distanzierung von Unterricht, Schulregeln und
Mehrheitskultur deutlicher spürbar. 'Drei Viertel aller jugendlichen
Straftäter scheitern in der Schule, was zum Ausgangspunkt für
kriminelles Verhalten werden kann. Ideal wäre es, dass einerseits Lehrer
die Leistung dieser Kinder gezielt fördern, andererseits Sozialkompetenz
durch Sozialarbeiter oder Psychologen trainiert wird.' Integrative
Förderung in der schulischen Arbeit führe erst zur Identifikation mit
der Schulkultur, so die Empfehlung des Jugend- und Sozialforschers.
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