Aktuell 15.08.2008 (Archiv)
Käfer spüren Waldbrände auf
Insekten als Vorlage für hochempfindliche Infrarottechnologien: Der schwarze Kiefernprachtkäfer verfügt über einen sensiblen Waldbrand-Sensor.Wissenschaftler der Universität Bonn
und des Forschungszentrums caesar haben beim Schwarzen Kiefernprachtkäfer eine
Vorlage zum Bau eines hochempfindlichen Infrarotsensors gefunden. Der
Prachtkäfer, dessen Larven sich von frisch verbranntem Holz ernähren,
verfügen über einen Sensor, der sie Feuer gewissermaßen 'hören' lässt.
In der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins Journal of Experimental Biology
berichten die Forscher über die jüngsten Erkenntnisse über die Wirkweise
dieses Sensors.
'Es ist uns erstmalig gelungen, wichtige Materialeigenschaften dieses
Sensors im Nanobereich zu messen, um damit unser Modell der
Wirkungsweise weiter zu bestätigen', so der Studienautor Helmut Schmitz
vom Institut für Zoologie an der Universität Bonn.
'Insgesamt gibt es im Insektenreich nur vier solcher bekannten
Infrarotsensoren - zwei davon in australischen Käfern, die allerdings
nach völlig anderen Prinzipien arbeiten und eines bei einer Wanze, deren
Wirkweise ähnlich dem des Prachtkäfers ist', erklärt der Entomologe.
Angeblich kann der Sensor Waldbrände aus bis zu 80 Kilometern Entfernung
registrieren. 'Die Zahl ist nicht wissenschaftlich belegt. Fest steht
allerdings, dass der Sensor so empfindlich ist, dass der Käfer den Brand
aus mehreren Kilometern Entfernung detektieren kann', meint Schmitz.
Dass die Käfer, die in Süd- und Südosteuropa heimisch sind, wahre
Branderkennungskünstler sind, sei keine Neuheit, meint Schmitz. 'Es ist
uns aber gelungen, der Wirkweise dieses Sensors, der etwa fünfmal
schneller als technische Infrarot-Fühler arbeitet, näher zu kommen.' Das
Geheimnis dahinter ist, dass der Wärmereiz zunächst in eine
Druckerhöhung umgewandelt wird, die der Käfer registriert. 'Die
Sinneszelle, mit der er das tut, ist ein typischer Mechanorezeptor, wie
er beispielsweise auch in vielen Gehörorganen von Insekten - etwa bei
Heuschrecken oder Grillen - zum Einsatz kommt', so der Experte.
Die druckempfindliche Spitze der mechanischen Sinneszelle ist in einen
winzigen runden Druckbehälter, dessen Wandung extrem fest ist,
eingebettet. In diesem befinden sich einige hundertmilliardstel
Milliliter Wasser, das sich bei Bestrahlung mit Infrarotlicht einer
gewissen Wellenlänge erwärmt. Durch die Ausdehnung der Flüssigkeit
erhöht sich der Druck im Behälter, der wie auch der Insektenpanzer aus
Kutikula besteht. 'Der Druckbehälter, dessen einzig weiche Stelle die
Spitze der Sinneszelle ist, die wie ein Handschuhfinger in ihn
hineinragt, misst nur ein Drittel der Dicke eines menschlichen Haares',
erklärt Schmitz. Wenn sich das erwärmte Wasser ausdehnt, drückt es diese
winzige fingerförmige Struktur zusammen. 'Das Faszinierende an diesem
Mechanismus ist, dass der Käfer diese Spannungsänderungen schon wenige
tausendstel Sekunden nach dem Infrarot-Puls registriert', so der
Wissenschaftler. Damit stelle dieser Sensor bisher existierende auf
Wärmestrahlungsdetektion basierende Waldbrandsensoren deutlich in den
Schatten.
'Das gesamte Projekt ist Teil einer umfassenden Forschungsreihe zum
Thema Biomimetik - der Nachahmung biologischer Systeme in der Technik',
erklärt Schmitz im pte-Interview abschließend.
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